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9. Innovation Forum Medizintechnik: Zukunft der Branche liegt in der Vernetzung

Tuttlingen – „Disruptiv“: In der Medizintechnik sorgt der Begriff für gemischte Gefühle. Einerseits verschärfen abrupte Entwicklungssprünge vorhandene Probleme, andererseits eröffnen sie Zukunftschancen. Was also tun: Besser abwarten oder gleich mitziehen? Ein Stimmungsbild zeichnete das 9. Innovation Forum Medizintechnik von Technology Mountains, Medical Mountains und der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg in Tuttlingen.

Innovation Forum Medizintechnik, Quelle: MedicalMountains

Ob eine Entwicklung disruptiv ist, weiß man meistens erst hinterher“, brachte es der Technology-Mountains-Vorstandsvorsitzende Dr. Harald Stallforth beim Eröffnungstalk auf den Punkt. Die von Medical-Mountains-Vorstand Yvonne Glienke moderierte Runde warf Schlaglichter auf das Innovationsklima in der Medizintechnik. Sorgen bereiten Prof. Dr. Roland Zengerle, Institutsleiter der Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e.V., vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Einen Grund für deren abnehmende Innovationsfreude benannte der Hauptgeschäftsführer der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, Thomas Albiez: die Bürokratie. Er forderte, Marktwirtschaft und Verbraucherschutz wieder in Einklang zu bringen. Sonst, ergänzte Zengerle, „ersticken kleine Unternehmen an den Regulierungen“. Auf innovationsfördernde Rahmenbedingungen ging Landrat Stefan Bär ein. Der Landkreis Tuttlingen verstehe sich als „Dienstleister für die Branche“, indem etwa der Glasfaserausbau vorangetrieben und der Hochschulcampus Tuttlingen etabliert worden sei.

Dass nach wie vor faszinierend Neues entsteht, zeigte Prof. Dr. Axel Haverich von der Medizinischen Hochschule Hannover am Beispiel der Chirurgie. Stammzellen, die zu einem Herzmuskelersatz heranwachsen; der gezielte Einsatz von Viren gegen resistente Bakterien: Wo herkömmliche Therapien versagen, werden mutig alternative Wege beschritten. Ob sie jedoch jemals im klinischen Alltag ankommen, sah Haverich skeptisch – zumindest aktuell in Europa: „Das wäre ein Abenteuer ohne Ende, in ein Zulassungsverfahren zu gehen.“ Weitaus einfacher hatten es da die Ideen von Dr. Klaus Steinmeyer-Bauer. Der Prokurist bei Vamed Deutschland schilderte unter anderem, wie die Intensivstation der Zukunft aussehen könnte: Technik im Hintergrund, der Mensch im Fokus. „Agieren Sie“, riet Steinmeyer-Bauer, „und schauen Sie sich ab und zu um: Was hat meine Innovation mit dem Patienten gemacht?“

Die Quintessenz der Eröffnung formulierte Roland Zengerle so: „Da kommt einiges auf uns zu. Versuchen wir’s zu gestalten.“ Durch die Auseinandersetzung mit der Digitalisierung, interdisziplinäres Denken und engmaschige Netzwerke – drei Tipps, die bei dem Innovation Forum von mehr als 300 Teilnehmern verinnerlicht wurden. Sie setzten sich mit den Möglichkeiten additiver Fertigungsverfahren und des 3D-Drucks, digitalen Werkzeugen, neuartigen Oberflächen und Materialien auseinander. Ebenfalls anwesend: Delegationen aus Finnland, den Niederlanden und den USA. Sie waren bereits am Vorabend beim iNNOVATION Warm-up! zu Gast gewesen. „Das war großartig, um Leute kennenzulernen“, sagte Petri Karinen von Business Oulu in Finnland. Ähnlich sah es Robert Garnett von der Firma Anthem, Nashville: „Wir nehmen viele gute Ideen mit nach Hause.“ Er hoffe auf eine weitere Vertiefung der transatlantischen Kontakte – wie auch Eric G. Beier, Firma Matrix Bio in Indiana: „Schließlich haben wir mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen.“

Quelle: Medical Mountains