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Leichtbau BW: Ändern Zeiten wie diese unsere Einstellung zur individuellen Fortbewegung?

 

Die Entwicklungen im Zuge des Coronavirus haben derzeit großen Einfluss auf die Art und Weise, wie wir leben und wie und womit wir uns im Alltag fortbewegen. Wie die Zeit nach dem Virus die Zukunft der Mobilität verändern könnte, warum jede Krise auch eine Chance bietet und wie man diese nutzen kann, das hat Dr. Wolfgang Seeliger, Geschäftsführer der Leichtbau BW GmbH, im Gespräch mit dem Mobilitätsexperten Dr. Ulrich W. Schiefer des Technologie Think Tanks AtTrack GmbH diskutiert.

"Einmal mehr ist die Gegenwart viel bedrohlicher als die Zukunft. Schon sehr überschaubare Mobilitätseinschränkungen zum Klimaschutz in Form von Fahrverboten verunsicherten viele Menschen", sagt Dr. Ulrich W. Schiefer, Geschäftsführer der AtTrack GmbH. Die plötzlich auftretende Corona-Pandemie bewirke nun, dass sich unsere Mobilität in bisher unvorstellbarem Maße reduziere: "Verkehrsmittel wie Züge und Flüge fallen ganz aus. Bestimmte Ort wie öffentliche Parks fallen als Destination weg, da sie gesperrt sind. Und auch der Bedarf an Mobilität fällt weg, wenn etwa der tägliche Weg zur Arbeit aufgrund von Heimarbeit obsolet wird oder man wegen der Sorge vor Ansteckung den öffentlichen Raum und öffentliche Verkehrsmittel meidet", so Schiefer.

"Ich kann mir gut vorstellen, dass sich in Zukunft die Einstellung zur Mobilität und wie wir uns im Alltag fortbewegen werden, ändert. Auch jetzt dürfen wir den Klimawandel nicht aus den Augen verlieren und müssen uns Gedanken darüber machen, wie Verkehr und Fortbewegungsmittel in den kommenden Jahren aussehen werden", meint Dr. Wolfgang Seeliger, Geschäftsführer der Leichtbau BW GmbH. Schiefer sieht in der massiven Einschränkung der Mobilität zur Ansteckungsprävention gar "das reinigende Gewitter, das neuem Denken Raum schafft". Vieles werde aus seiner Sicht nach Corona anders bewertet werden, gerade auch die Mobilität. "Es wird noch evidenter, dass wir emissionsfreie, leichtere, agilere und weniger aufwendige Autos brauchen. Und das reinigende Gewitter wird hoffentlich die Misstöne wegschwemmen, die da in letzter Zeit immer wieder auftauchen, wonach ein Elektroauto nicht leicht sein müsse, um umweltfreundlich und effizient zu sein", so Schiefer.

Die Stadt den Menschen zurückgeben
Doch wie genau sieht die Mobilität der Zukunft aus? "Ganz anders als heute", sagen beide unisono - und es gebe bereits Unternehmen im Land, die an konkreten Lösungen arbeiten. Zum Beispiel den AtTrack TE-700 Leichtfahrzeugen mit Elektroantrieb oder dem "ILO1" der Emm! solutions GmbH, die nur ein Drittel der Masse eines herkömmlichen Fahrzeugs auf die Waage bringen - aber was viel wichtiger ist, nur die Hälfte bis ein Viertel der Fläche verbrauchen. "Stellen Sie sich vor, wie die Stadt der Zukunft dann aussehen könnte, wenn im Umkehrschluss bis zu drei Viertel der heutigen Verkehrsflächen frei werden würden und wir diese den Menschen zurückgeben könnten. Mit Leichtbau wird die Stadt so vor allem eins: lebenswerter", ergänzt Seeliger.

Schiefer, der mit seinem Mobilitäts Think Tank AtTrack GmbH bei Fragen zum Wandel der Mobilität und den sich daraus verändernden Anforderungen entwickelt und berät, ergänzt: "Leichtbau ist dabei eine der relevantesten und erfolgversprechendsten Disziplinen. Nur Regionen, die klar zeigen können, was sie in diesem Technologiefeld gut oder sogar am besten können, werden in der Mobilitätsindustrie der Zukunft erfolgreich sein."

Jede Krise bietet eine Chance
Daher appelliert Seeliger: "Fangen wir heute damit an, die Zukunft zu gestalten und machen wir aus der Krise eine Chance." Das Technologietransfer-Programm Leichtbau des Bundeswirtschaftsministeriums lasse sich laut Seeliger durchaus auch als Konjunktur-stützungs-Programm begreifen. "In Zeiten, in denen eine Finanzierung aus Umsätzen schwierig ist und vielleicht auch freie Personalkapazitäten bestehen, kann ein solches Förderprogramm eine gute Überbrückung darstellen: 280 Millionen Euro stehen in den folgenden vier Jahren zur Verfügung, um Leichtbau-Projekte bis in die Kommerzialisierung zu entwickeln." Auch Schiefer bereitet derzeit einen Antrag zu einem Karosserieleichtbauprojekt vor, den er beim neuen Förderprogramm einreichen will, und greift dabei auf die Unterstützung der Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg zurück. Hier hilft das Team rund um Dr. Wolfgang Seeliger Unternehmen und Forschungseinrichtungen dabei, Projektideen zu generieren und Konsortien zu bilden.

Quelle: Leichtbau BW