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Starke Bilanz von fünf Forschungsprojekten für den hybriden Leichtbau vorgelegt

Land Baden-Württemberg hatte rund 1,63 Millionen Euro investiert – Ergebnisse leisten wichtigen Beitrag zur Material- und Ressourceneffizienz im verarbeitenden Gewerbe.

Zusammen mit Unternehmen hatte die baden-württembergische Landesregierung im Frühjahr 2014 5,53 Millionen Euro in die Forschung für den hybriden Leichtbau investiert. Fünf Verbundforschungsprojekte waren vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft mit 1,63 Millionen Euro gefördert worden. Dreieinhalb Jahre später wurde nun eine bemerkenswerte Bilanz präsentiert: Die Forschungsprojekte konnten die in sie gesetzten Erwartungen nicht nur erfüllen, sondern leisten zukünftig auch einen wichtigen Beitrag bei der Automatisierung von Herstellungsverfahren sowie in der Verbindungstechnik von hybriden Leichtbauteilen und bilden somit eine Grundlage für Material- und Ressourceneffizienz im verarbeitenden Gewerbe.

Die Ergebnisse aller fünf Projekte wurden auf einem wissenschaftlichen Kolloquium in der Arena 2036, der größten und führenden Forschungsplattform für Mobilität in Deutschland, vorgestellt. Der Transfer von Innovation und Know-how von der Wissenschaft in die mittelständische Wirtschaft ist bei den fünf geförderten Projekten sehr gelungen. Es ist beeindruckend, wie viel Herzblut und Engagement die jeweiligen Mitarbeiter in die Projekte investiert haben. Jetzt gilt es, anhand dieser Bilanz die optimalen Verwertungschancen herauszuarbeiten. Denn Ressourcen- und Materialeffizienz spielt für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe eine immer größere Rolle.

Institut für Flugzeugbau der Universität Stuttgart: Optimaler Leichtbau in der Luftfahrt
Das Institut für Flugzeugbau der Universität Stuttgart erforschte im Projekt „3D TFP“ (Tailored Fibre Placement Prozess) zusammen mit drei Unternehmen die automatisierte Umformung von Bauteilen für Luftfahrtanwendungen mit einem hohen Leichtbau-Potential. Einzelne Verstärkungsfäden, die entlang vordefinierter Lastpfade auf einer Ebene abgelegt sind, können durch einen nachgeschalteten Umformprozess zu optimalen 3D-Strukturen umgeformt werden. Hierfür müssen Einflüsse des Umformens auf die Veränderungen des Textils und somit auf die Lage der Verstärkungsfasern bekannt sein und in der zweidimensionalen Ablage im TFP-Prozess berücksichtigt werden. Diese Einflüsse können nun durch eine numerische Vorhersage bestimmt und so die Ablagepfade ermittelt werden. Die Verstärkungsfasern können durch die Kombination aus TFP-Textil und nachgeschaltetem Umformprozess des Textils aktiv in sonst nicht erreichbare Bereiche manipuliert werden - somit werden eine ideale Positionierung ebenso wie ein optimaler Leichtbau gewährleistet. Ergebnis: eine materialeffiziente Herstellung der Produkte sowie eine nachhaltige Reduktion von CO2-Emissionen im Flugbetrieb.

Verbesserte Wirtschaftlichkeit durch automatisierten RTM-Prozess
Im Rahmen des Projektes „HyPro“ des wbK-Instituts für Produktionstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wurde gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologien (ICT) eine automatisierte Prozesskette zur wirtschaftlichen Fertigung von Hybridbauteilen, wie sie vor allem in der Automobilindustrie zunehmend eingesetzt werden, entwickelt. Zusammen mit Industrieunternehmen wurde eine Fertigungsanlage auf der Basis des Resin Transfer Moulding (RTM) Prozesses erarbeitet. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden verschiedene Prozessschritte entlang des RTM-Prozesses betrachtet und verbessert. Für die Anbindung der fertigen Faserverbundbauteile an beliebige andere Komponenten wurden automatisierte Einbringungsverfahren von metallischen Lasteinleitungselementen untersucht und umgesetzt. Auch für den abschließenden Schritt der Infiltration konnte mit einer bauteilintegrierten Dichtung die Problematik häufig zu wechselnder Dichtungen im Infiltrationswerkzeug gelöst werden. Im Projekt HyPro entstand somit ein Portfolio an konkreten Lösungen für eine umfassende Automatisierung des RTM-Prozesses, die zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit führen.

Hochschule Furtwangen macht das Schleifen profitabel und umweltfreundlich
Gemeinsam mit vier Unternehmen widmete sich die Hochschule Furtwangen im Projekt „Faserverstärkte Werkstoffe“ der hochwertigen Verarbeitung von hybriden Leichtbauwerkstoffen (Carbon, Keramik sowie einer Kombination davon). Insbesondere sollte das Schleifen rentabel und gleichzeitig umweltfreundlich gestalten werden. Durch einen ganzheitlichen technologischen Ansatz ergeben sich zahlreiche neue Anwendungen für diese vielversprechenden Werkstoffe, beispielsweise in der Elektromobilität.  Dies wurde einerseits erreicht durch den Einsatz der innovativen hybrid gebundenen superabrasiven Schleifwerkzeuge für die simultane Bearbeitung zwei unterschiedlicher Werkstoffe. Ebenso durch innovative Laserkonditionierung- und Laserstrukturierungsverfahren der Schleifwerkzeuge sowie durch Hochgeschwindigkeitsschleifen von Polymerbeton und kohlenfaserverstärkter Keramik.

Projekt KraSchwing: Verbindungstechnik optimiert
Das Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart, das Institut für Fahrzeugsystemtechnik des KIT und das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut (NMI) in Reutlingen forschten gemeinsam mit Unternehmen im Projekt „KraSchwing“ an der Optimierung der Verbindungstechnik zwischen faserverstärkten und metallischen Hybrid-Leichtbauteilen. Das Vorhaben hatte das Ziel, insbesondere die Belastbarkeit sowohl von verklebten als auch innovativ verschraubter Strukturen bei schwingender Beanspruchung zu verbessern. Zwei innovativen Ansätzen für Verbindungen in Faserverbund- und Hybridstrukturen geforscht. Spannungsspitzen in belasteten Bauteilen stellen eine maßgebliche Herausforderung für den Einsatz von Faserverbundwerkstoffen dar. Diese können durch flächige Krafteinleitungen abgebaut werden. Als neuartige Optionen der Anpassung von Verbindungsstellen wurden das Einbringen von Elastomerlagen in Laminate sowie Rosetten zur Lochleibungsverstärkung von Verschraubungen betrachtet, die mittels Tailored Fibre Placement (TFP) realisiert werden. Insbesondere konnten die mechanischen Mehrwerte und die Automatisierbarkeit beider Ansätze zum Einsatz in der Praxis dargestellt werden.

„FAST-Matrix“: Latente Initiatoren ersetzen Zweikomponentensysteme
Im Projekt „FAST-Matrix“ arbeiteten die Deutschen Institute für Textilforschung in Denkendorf gemeinsam mit der Hochschule Esslingen und neun Unternehmen an einem neuen Verfahren zur Erzeugung faserverstärkter Verbundwerkstoffe mit thermoplastischer Matrix. Aufgrund der hohen Viskosität ist eine vollständige Durchtränkung der Bauteile und Faserbündel mit polymeren Schmelzen schwierig. Daher sind reaktive Matrixsysteme auf Basis anionisch polymerisierter Polyamide interessant, sie ermöglichen die Infiltration textiler Einleger bei geringer Viskosität.  Bisher werden dafür Zweikomponentensysteme eingesetzt, bei denen kurz vor der Verarbeitung das Monomer mit einem Initiator und einem Aktivator gemischt wird. Nach dem Mischen startet die Reaktion sofort. In dem Projekt FAST-Matrix wurden neue latente Initiatorsysteme in unterschiedlichen Faserverbund-Fertigungsverfahren getestet. Diese Initiatoren sind unterhalb einer durch Ihre chemische Struktur bestimmten Temperatur inert. Erst nach Überschreiten dieser Temperatur wird eine Polymerisation gestartet. Der Vorteil der latenten Initiatoren liegt zum einen in der nahezu unbegrenzten Topfzeit unterhalb der Aktivierungstemperatur. Zudem ergeben sich insbesondere bei großen Bauteilen oder komplexen Geometrien Vorteile, da es zu keiner Viskositätsänderung während der Infiltration kommt.

Quelle: Leichtbau BW