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Virtual Reality in Hohenloher Firmen - wie Science-Fiction

Die virtuelle Realität hält auch im Sondermaschinenbau Einzug. Siemens führt im Virtual-Reality-Center des Packaging Valley an das Thema „digitale Zwillinge“ heran.

Der Verein Packaging Valley vernetzt seit nunmehr zehn Jahren Unternehmen aus der Verpackungsindustrie. Die circa 40 Betriebe decken ein breites Angebotsspektrum der Branche ab und bieten etwa 8000 Menschen einen Arbeitsplatz. Das Virtual Reality Center (VR-Center) des Clusters soll die technischen Möglichkeiten der virtuellen Realität künftig noch stärker im Entwicklungsprozess der Verpackungsmaschinen verankern. Das Anwendungszentrum wurde im vergangenen Jahr im Schwäbisch Haller Solpark in Betrieb genommen und kann nun von Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen  genutzt werden. Dieses Angebot wurde vor kurzem auch von dem Technologiekonzern Siemens in Anspruch genommen.

Schnellere Inbetriebnahme

Das Unternehmen lud 25 Teilnehmer aus den regionalen Verpackungsunternehmen zu der Informationsveranstaltung „Schneller am Markt mit digitalem Engineering“ in das VR-Center in der Geschwister-Scholl-Straße ein. Bei Vorträgen und durch Anwendungsbeispiele lernten die Teilnehmer Möglichkeiten der virtuellen Inbetriebnahme und Anlagensimulation kennen.

Die Softwaresysteme des Anbieters ermöglichen die Programmierung eines virtuellen Abbildes – eines sogenannten „digitalen Zwillings“ – der Verpackungsmaschine. Deren Funktionalität kann auf diesem Wege bereits in einem frühen Stadium der Planung getestet und angepasst werden, noch ehe die Maschine überhaupt gebaut wurde. Zu den Referenten zählten auch Verpackungsunternehmen, die diese Techniken bereits verwenden konnten. „Klassisch ist Siemens für Automatisierungslösungen bekannt“, erläuterte Dr. Holger Grzonka, Leiter Business Development Verpackungsmaschinen bei Siemens, „seit zehn Jahren spielt jedoch auch die Softwareentwicklung in der Industrie eine zunehmend wichtige Rolle.“

Die technische Ausstattung des VR-Centers eignete sich ideal für die Veranstaltung. Denn auf der Präsentationsfläche „Powerwall“ wurden die „digitalen Zwillinge“ nach kurzer Programmierung lebensgroß angezeigt. Tracking- sowie 3D-Brillen sorgten für ein möglichst realistisches Erlebnis. „Durch die Visualisierung an der „Powerwall“ kommen Mitarbeiter aus der mechanischen Konstruktion und der Softwareentwicklung bei der Entwicklung einer Maschine zusammen“, erklärte Grzonka.

„Das ermöglicht ein besseres Teamwork“, ergänzte Kurt Engel, Geschäftsführer des Packaging Valley. Da alle am Entwicklungsprozess beteiligten Personen auf dasselbe Bild zugreifen, steige auch das Verständnis für die Herausforderungen und Bedürfnisse des jeweils anderen. „Das macht auch den Unterschied zu einer VR-Brille“, fügte Engel hinzu, „bei dieser ist man immer auch ein Stück weit abgeschottet voneinander.“ Der unmittelbare Austausch untereinander sei ein großer Vorteil der virtuellen Entwicklung.  Das Hauptziel aus Sicht der Unternehmen sei dennoch immer auch die eingesparte Zeit bis zur realen Inbetriebnahme. „Da die Funktionalität der Maschine frühzeitig geprüft werden kann, lassen sich Fehler ebenfalls früher ausschließen. Das ermöglicht es, eine Maschine auch schneller an den Markt zu bringen“, legte Grzonka nahe. Eine Live-Demonstration und mehrere Anwendungsbeispiele machten deutlich, was Grzonka meinte. Thomas Berger, Head of Electrical Engineering bei der Firma SN Maschinenbau, gab seine Erfahrungen mit den „digitalen Zwillingen“ weiter. Das mittelständische Unternehmen aus Wipperfürth stellt Verpackungsanlagen für flexible Beutel her, die beispielsweise für das Verpacken von Reibekäse verwendet werden.

Beispiele aus der Praxis

Der Betrieb wurde als einer von weltweit vier Unternehmen ausgewählt, um die neue Siemens-Steuerung in den eigenen Verpackungsanlagen zu verwenden und zu testen.

„Es war unsere Aufgabe, einen neuen Maschinentypen bis zur Verpackungsmesse ,Interpack’ in Betrieb zu nehmen“, führte Berger an das Thema heran, „es war aber eigentlich von vorneherein zu sehen, dass es zeitlich nicht klappen wird.“

Doch die Überraschung: Mit Hilfe des „digitalen Zwillings“ wurde das knappe Zeitfenster doch eingehalten. Besonders positiv hob Berger die Möglichkeit eines digitalen Crashtests an der Maschine hervor. Seine Aussage „Das würden wir mit der realen Maschine niemals wagen“, sorgte für allgemeine Zustimmung im Publikum der Verpackungsspezialisten.

Quelle: Haller Tagblatt