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WiRÖ: Zukunftskongress „Transformation: jetzt!“ Die Region schreibt ihre Zukunft fort: Bearbeitung der Zukunftsziele startet mit thematischen Impulsen

Beim Zukunftskongress „Transformation: jetzt!“ im Sparkassen Business Club der Heidenheimer Voith-Arena haben sich rund 250 Teilnehmende aufgemacht, die im Masterplan Ostwürttemberg 2030 fixierten Ziele zu bearbeiten. Mit zwei Vorträgen sowie vier Impulsen in Paneldiskussionen wurden Zukunftsthemen aufgegriffen.

Eine Gruppe von Personen posieren in einem Halbkreis vor einer Leinwand. Auf der Leinwand steht "Zukunft Ostwürttemberg“
Quelle: WiRO I Foto: Peter Kruppa

Vor einem Jahr hat sich die Region Ostwürttemberg aufgemacht, aktiv ihre Zukunft zu gestalten. Die Offensive „Zukunft Ostwürttemberg“ hat Leitziele für die Region in sieben Workshops herauskristallisiert, die nun in Angriff genommen werden. Als Auftakt dieser Umsetzungsphase bot der Zukunftskongress die Möglichkeit, in die Themen Klimaneutralität, Wasserstoffregion Ostwürttemberg, Transformationsnetzwerk sowie gestärkte Start-up- und Innovationsstrukturen einzutauchen. „Wir gehen voran, um unseren Wohlstand zu sichern und verstecken uns nicht hinter der großen Politik“, sagte IHK-Präsident Markus Maier zur Einführung. „Optimismus ist Pflicht! Es liegt viel Arbeit vor uns, nichts wird uns geschenkt werden. Aber es führt nur eine Richtung in die Zukunft: nach vorn!“

Beide Landräte der Region betonten, dass es wichtig ist, an der Zukunftsfähigkeit zu arbeiten. „Wenn wir Transformation und Krisen als Chancen begreifen, dann hätte es für unsere Zukunftsoffensive keinen besseren Zeitpunkt geben können. Dass Veränderungen nun schneller als erwartet kommen müssen erhöht zwar den Druck, aber auch die Dynamik. Wir werden uns mit vereinten Kräften nun den skizzierten Projektideen widmen und unsere Unternehmen aus Industrie und Handwerk bei der Bewältigung der Herausforderung begleiten und unterstützen“, sagte Landrat Dr. Joachim Bläse in seinem Statement am Ende der Veranstaltung. „Wer sollte besser sein als wir. Wir sind Macher.“

Landrat Peter Polta hatte zuvor auf die Dringlichkeit der Zukunftsoffensive hingewiesen angesichts der äußeren Veränderungen in der Weltwirtschaft durch den russischen Angriffskrieg. „Wir werden die Ziele nicht abheften und zur Seite legen. Jetzt beginnt die Kärrnerarbeit. Wir haben Fahrt dazu aufgenommen“, sagte Polta.

IHK-Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler dankte den Akteuren, die bislang an der Zukunftsoffensive mitgearbeitet haben. „Es werden Lösungen gesucht, anstatt Schuldige. Ohne Ideologie, dafür mit ausgeprägtem Realitätssinn wird vorgegangen. Er skizzierte, welche weiteren Schritte nun notwendig sind: der Aufbau eines schlagkräftigen Teams für die Netzwerkarbeit, der Re-Start der Fachkräfteallianz und ein Runder Tisch Wasserstoff, das laute Trommeln in Berlin und Stuttgart für Fördergelder oder auch eine Qualifizierungsoffensive.  


Leitvortrag von Prof. Holger Kaßner

Erproben, vernetzen, öffentlich machen. Projekte konkretisieren, gemeinsame regionale Strategien erarbeiten und Förderungen beantragen. Auf diese Phase der Zukunftsoffensive stimmten die Referenten beim Zukunftskongress ein. Prof. Dr. Holger Kaßner, Leiter des Schwäbisch Gmünder fem, erläuterte, wie Wandel und Transformation die Zukunft bedingen. Er stellte dar, dass Menschen linear in die Zukunft denken, Transformationsprozesse jedoch ähnlich einer Exponentialfunktion plötzlich steil ansteigen. „Deshalb bedingt ein Transformationsprozess hohen Aufwand. Bei der Synchronisation entsteht ein hoher Anpassungsdruck, disruptive Prozesse starten“, erläuterte er. Die Gesellschaft im Land sei jedoch gut gewappnet – finanziell, industriell sowie gesellschaftlich. Die sogenannte „German Angst“ müsse überwunden werden auf dem Weg in die Zukunft.


Zwei Paneldiskussionen

In den von Markus Kilian, Geschäftsführer der Bezirksgruppe von Südwestmetall, sowie Markus Schmid, Geschäftsbereichsleiter bei der IHK Ostwürttemberg, moderierten Paneldiskussionen Experten und Unternehmensvertreter zu Wort. Im Expertenpanel gab Prof. Dr. Markus Hölzle, Vorstandsmitglied Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung, Einblicke in die Zukunft der Energieversorgung und die Wasserstoffstrategie im Land. Joachim Erdle, Bereichsvorstand Corporate Finance Landesbank Baden-Württemberg, berichtete über die EU-Taxonomie als Herausforderung für die Unternehmen.

Prof. Dr. Markus Hölzle, machte deutlich, dass Wasserstoff und elektrische Energie, da weltweit und zu attraktiven Preisen verfügbar, das Rückgrat der globalen Energiewende sind. Diese Wende werde gelingen, davon sei er überzeugt. Es gebe viele Fördergelder, weswegen Hölzle dazu ermunterte, dafür auch die Hände aufzuhalten und sich nicht vornehm zurückzuhalten. Ausdrücklich verwies er auf den Aufbau des Industrieparks Aspen in Schwäbisch Gmünd im Rahmen des Hy-Five-Projekts Alb-Donau als Keimzelle einer lokalen Wasserstoffinfrastruktur mit überregionaler Pipelineanbindung.

Joachim Erdle unterstrich, dass nicht nur Großunternehmen angesichts der EU-Taxonomie stark unter Druck stehen. Dabei handelt es sich um ein Klassifizierungssystem für die Bewertung ökologischer Nachhaltigkeit von wirtschaftliche Handeln. Erdle mahnte die Unternehmen dringend, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen. Das koste zwar Geld, tue man es aber nicht, koste es noch viel mehr Geld. Der Referent beschrieb die Taxonomie als Chance und Herausforderung zugleich vor dem Hintergrund des grünen Deals der EU, der vorsieht, Europa bis 2050 zu einem klimaneutralen Kontinent zu machen und die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken.

Im zweiten Panel wurde aus Unternehmenssicht geschildert. Konrad Grimm, Geschäftsführer der Maschinenfabrik Alfing Kessler GmbH (MAFA), referierte über den Transformationsprozess der Automobilwirtschaft. Klimaneutrale Unternehmensprozesse standen im Fokus des Beitrags von Britta Fünfstück, Vorstandsvorsitzende der Paul Hartmann AG.

Dabei machte Konrad Grimm klar, dass sein Unternehmen sich seit rund 18 Monaten intensiv mit dem Transformationsprozess auseinandersetzt, an dessen Ende in den Jahren 2028 bis 2030 ein neues Geschäftsmodell stehen soll. Denn: „Verbrennungsmotoren im Automotive-Bereich sind keine Prämisse mehr für die weiteren Planungen bei der MAFA. Wir müssen raus aus der Komfortzone. Wir wollen andere Produkte herstellen, die Kurbelwellen ersetzen“, sagte Grimm. Als Beispiel nannte er geschmiedete Weichen für die Deutsche Bahn.

Dipl. -Phys. Britta Fünfstück beschrieb den Prozess hin zu nachhaltigem Wirtschaften in ihrem Unternehmen. Wichtig sei, dass man sich vor der Umsetzung ganz klar über die Ziele sein müsse, soll das Unterfangen auch gelingen. „“Was genau ist der Fokus? Wir nennen diese Ziele, die für die nächsten zehn Jahre gelten, Nord Stars. Man muss eine Dekade vorausdenken, weil sonst nicht die derzeit gültigen Grundfeste infrage gestellt werden“, sagte die IHK-Vizepräsidentin. Die Kundenanforderungen spielten bei den Nachhaltigkeitszielen eine wichtige Rolle. Britta Fünfstück erläuterte anhand von Beispielen aus den verschiedenen Geschäftsfeldern der Paul Hartmann AG die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie. Nachhaltigkeit im Design, der Einsatz nachwachsender Rohstoffe oder das Insourcing aus Gründen der CO2-Ersparnis seien Handlungsfelder.   

Im abschließenden Plenumsvortrag wurde das im Masterplan definierte Querschnittsziel der Mitarbeiterqualifizierung aufgegriffen. Christian Rauch, Vorsitzender der Agentur für Arbeit in Baden-Württemberg, stellte klar, dass Qualifizierung der Schlüssel zur Sicherung des Wohlstands ist. Er ging dabei auf eine Umfrage der Bundesagentur ein. „Weiterbildung der Beschäftigten sollte keine Kostenstelle oder ein Incentive darstellen, sondern ein Investment in die Zukunft des Unternehmens sein“, sagte er. Die Zukunftsoffensive Ostwürttemberg bezeichnete er als beispielgebend. Die Beteiligung an der Offensive sei großartig. Weiterbildung sei kein Selbstläufer. Bedarfe müssten regional ermittelt und passgenaue Angebote geschaffen werden.  

 

Quelle: WiRO