You are here:

Was Genossenschaften über Cluster wissen sollten

Warum sollte eine Kachelofenbauer-Genossenschaft mit einem Nanotechnologen sprechen? Was kann ein Cluster Energie einer Energiegenossenschaft bieten und warum kann es für Lebensmittel- und Weingenossenschaften interessant sein, mit einer Cluster- Initiative Kontakt aufzunehmen?

Genossenschaften sind ein über 150 Jahre altes Phänomen; Cluster-Initiativen, also regional verortete innovationsgetriebene Netzwerke, sind seit rund 30 Jahren eine Erscheinung in der Wirtschaftswelt. Beides sind Netzwerke, in denen sich in der Regel regionale oder lokale Akteure mit einem gemeinsamen Ziel zusammengeschlossen haben. Beide Netzwerkformen funktionieren nur, wenn eine gemeinsame Vertrauensbasis vorhanden ist und es gemeinsame Ziele gibt. Trotzdem gibt es auch wichtige Unterschiede, aber auch viele Anknüpfungspunkte für eine gewinnbringende Zusammenarbeit zwischen diesen Netzwerken.

©MH - Fotolia

Clusterpolitik in Baden-Württemberg

Die Unterstützung von regionalen Cluster-Initiativen (CI) und landesweiten Netzwerken in Baden-Württemberg ist fester Bestandteil der Mittelstands- und Innovationspolitik. Geleitet von der Erkenntnis, dass KMU (kleine und mittlere Unternehmen) in Cluster-Initiativen schneller innovieren, einen leichteren Zugang zu Forschungseinrichtungen bekommen und wettbewerbsfähiger werden, unterstützt das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg seit mehr als zehn Jahren den Aufbau und die Professionalisierung von regionalen Cluster-Initiativen.

Cluster-Landschaft in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg sind rund 100 regionale Cis und landesweite Netzwerke im Land verteilt, in allen Branchen und Technologien angefangen von A wie Automotiv bis Z wie Zerspannungstechnik. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie trotz sehr unterschiedlicher Größe (10 bis 1.100 Mitglieder) immer innovationsgetrieben sind, ein Cluster-Management besitzen und eine mehr oder weniger feste Mitgliederstruktur haben. Das Cluster-Management organisiert zum Beispiel Arbeitsgruppen zu wichtigen, Themen, bietet gemeinsame Messestände an oder informiert über wichtige technologische Trends. Forschungseinrichtungen oder Hochschulen sind oft Mitglieder (www.clusterportal-bw.de/clusterdaten).
Alle Unternehmen stehen vor Herausforderungen, ob Digitalisierung oder Energieeffizienz. Zum Beispiel, wenn sich Einzelhandelsgeschäfte oder Winzergenossenschaften mit E-Commerce auseinandersetzen müssen. Viele Genossenschaften, die bisher den Schwerpunkt gemeinsamer Einkauf oder Vermarktung hatten, werden sich verstärkt im Interesse der Mitglieder dies en Themen zuwenden müssen. Und genau hier besteht die Brücke zu innovativen Cluster-Initiativen.

Innovationen

Es ist unumgänglich, sich mit dem Thema Innovation zu beschäftigen, wenn Unternehmen auf die Herausforderungen von heute und morgen gewappnet sein wollen.Innovation bedeutet, dass neue Ideen und Erfindungen in neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren umgesetzt werden, die erfolgreiche Anwendung finden und den Markt durchdringen. Hierbei gibt es unterschiedliche Typen. Bei der Produktinnovation handelt es sich um ein vermarktungsfähiges Produkt oder eine Dienstleistung, welche/s am Markt absolut oder relativ neu ist und entweder ein vorhandenes Kundenbedürfnis besser erfüllt oder ein neues Bedürfnis weckt und befriedigt. Als Beispiel hierfür sei das Smartphone genannt, das bei seiner Einführung ein absolutes Novum war und das Bedürfnis, überall und jederzeit online zu sein, abdeckte. Die Einführung des Fließbands in der Automobilindustrie durch Henry Ford ist ein Beispiel für eine Prozess- oder Verfahrensinnovation, bei der Verbesserungen an betrieblichen Abläufen, Methoden oder Geschäftsprozessen zu einer höheren Effizienz führen. Foodsharing, das hilft, den Anteil der weggeworfenen Lebensmittel zu reduzieren, oder Fahrradverleihsysteme, die auf dem Motto "Nutzen statt Besitzen" basieren, sind Beispiele für Sozialinnovation. Innovationen werden immer öfter durch das Einbeziehen von externem Wissen generiert. Dieses kann eine Kooperation mit Partnern aus der gleichen aber auch aus ganz anderen Branche bedeuten. Die praktische Erfahrung hat gezeigt, dass interdisziplinäres Zusammenarbeiten ein hohes Innovationspotenzial aufweist. Genau in diesem Wissensaustausch sehen wir einen wichtigen Anknüpfungspunkt und ein hohes Potenzial in der Zusammenarbeit der Genossenschaften und den Cis.
Der Kontakt zum Cluster-Management einer relevanten CI hat den großen Vorteil, dass dieses den Überblick über die Leistungsfähigkeit aller seiner Mitglieder hat und die aktuellen Trends der Branche kennt. Eine Genossenschaft hat somit einen Ansprechpartner auf der Seite der CI und spart sich Mühe bei der Suche nach dem richtigen Unternehmenspartner.

Beispiel Medizintechnik

Seit 2017 ist die Medicon eG Mitglied in der Clusterinitiative "Medical Mountains". Folgende Gründe sprechen für die Mitgliedschaft: Medical Mountains ist die Organisation, welche die Interessen der heimischen Medizintechnik vertritt und unterstützt, umfangreiches Weiterbildungsangebot am Standort (bei Mitgliedschaft vergünstigte Preise) bietet, Verbundprojekte und Erfahrungsaustausch - Expert Table/QM Stammtisch - organisiert. Eine weitere Aufgabe: Vernetzung und Aufbau von Kontakten.

Beispiel Kachelofenbauer

Der Kachelofen ist ein seit Jahrhunderten bewährtes Raumheizgerät. Er hat sich in dieser langen Zeit hinsichtlich der verwendeten Materialen nur gering verändert. In den vergangenen Jahren hat es intensive Bestrebungen gegeben, neue Materialien im Kachelofenbau einzuführen. Insbesondere unter Berücksichtigung der Diskussion zur Feinstaubproblematik wird der Einsatz neuer Materialien im Brennraumbereich an Bedeutung gewinnen. Durch den Einsatz von neuen Materialien und die Entwicklung neuer Konzepte zur Abgasreinigung besteht im Kachelofenbau heute ein großes technisches Entwicklungspotenzial. Denkbar sind sowohl der Einsatz innovativer Filter- oder Abscheidesysteme zur Feinstaubreduktion als auch die Verwendung katalytisch aktiver Materialien, welche beispielsweise die Konzentration von aromatischen Kohlenwasserstoffen und Stickoxiden im Abgas verringern könnten. Für diese oder ähnliche Fragestellungen bietet sich zum Beispiel der Kontakt zu NanoMat - das Netzwerk für Nanomaterialien und Nanotechnologien des Karlsruher Instituts für Technologie - an (www.nanomat.de).

Beispiel Digitalisierung

Dass Digitalisierung für Handwerk und Handel eine nicht zu unterschätzende Herausforderung ist, ist jedem bekannt. Wie findet ein Geschäftsführer einer Genossenschaft für seine Mitglieder die richtigen Ansprechpartner? Welche Lösungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) gibt es für spezielle Anforderungen? Gibt es überhaupt eine herstellerneutrale Beratung? Acht regionale IKT-Cls in Baden-Württemberg können hier erste wichtige Ansprechpartner sein. Das Cluster-Management kann mit einer Genossenschaft beispielsweise eine gemeinsame Veranstaltung gestalten oder einen Workshop zu spezifischen Problemstellungen mit Unternehmen aus der Region. So entstehen für die Probleme vor Ort auch Lösungen vor Ort aus einer Hand.

Beispiel Lebensmittel-Cluster

Das Nahrungsmittelnetzwerk Rhein-Neckar ist ein Zusammenschluss regionaler Unternehmen der Ernährungsindustrie, die sich mit gemeinsamen Zielsetzungen und Aktionsprogrammen für ihre Branche einsetzen. Es gibt Überlegungen, Synergien zwischen dem Netzwerk und dem Tourismusbereich zu nutzen. Schließlich bestehen über die Tourismusförderung des Landkreises vielfältige Kontakte, beispielsweise zu Landwirten mit Hofläden oder Winzergenossenschaften. Diese Kontakte können für den Austausch mit den im Netzwerk organisierten Unternehmen, die überwiegend industriell und durch den Handel geprägt sind, dienen. Allein schon durch eine bessere gegenseitige Sichtbarkeit regionaler Potenziale und Stärken entstehen neue Chancen und Möglichkeiten. Es tun sich insbesondere Chancen bei der Schaffung und Vermarktung (neuer) regionaler Produkte und eines moderierten Dialogs entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf.

Beispiel Energiegenossenschaften

Im Wirtschaftsbereich Energie sind viele unterschiedliche Akteure tätig: zum Beispiel Handwerksunternehmen, Bürgergenossenschaften, Energieunternehmen, Berater und Dienstleister. Die meisten von ihnen sind auf einen gewissen Teilbereich im Energiesektor spezialisiert. Hinzu kommt, dass es ständig Neuerungen hinsichtlich Technik, Gesetzen etc. gibt. Um als Kleinunternehmer das eigene Wissen auf den aktuellen Stand zu bringen und sich auszutauschen, wurde vom Clusternetzwerk Energie und Umwelt der Metropolregion Rhein-Neckar ein praxisorientiertes Seminar unter dem Titel "Boxenstopp" organisiert. Die Besonderheit des neuen Formats liegt vor allem darin, dass die Inhalte des Seminars von kompetenten Herstellern und Handwerken an Anschauungsobjekten in verschiedenen Stationen dargestellt wurden. Energiegenossenschaften finden in regionalen Cluster-Initiativen kompetente Ansprechpartner und neue Kooperationspartner. 

Weitere Informationen

Cluster-Initiativen können für viele Genossenschaften wichtige und kompetente Partner sein. Die richtige Cluster-Initiative oder das landesweite Netzwerk finden Sie unter www.cluster portal-bw.de oder Sie wenden sich direkt an die ClusterAgentur Baden-Württemberg: office@clusteragentur-bw.de oder 0711 123-30 33.

Quelle: GenoGraph