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Der Nutri-Score aus allen Perspektiven Gute – Resonanz auf food.net:z-Forum

Seit November 2020 gibt es in Deutschland den Nutri-Score, eine fünfstufige „Lebensmittel-Ampel“, die Verbraucherinnen und Verbrauchern auf den ersten Blick zeigen soll, ob ein Produkt gesund ist oder nicht: vom grünen A mit der Bestbewertung bis zum roten E. Was aber bedeutet das für Produzenten und den Handel? Wie wird der Nutri-Score berechnet, welche Handhabe gibt es bei Verstößen und welche Risiken bestehen für Vorreiter? Diesen Fragen widmete sich das 14. food.net:z- Forum unter dem Titel „Der Nutri-Score in Theorie und Praxis“.

Über 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich zugeschaltet, um sich von den geladenen Expertinnen und Experten informieren zu lassen. Den Anfang machte Stephanie Neininger von der Eurofins NDSC Food Testing Germany GmbH, die sich der Berechnung des Nutri-Scores widmete. Ganz grob zusammengefasst: Obst, Gemüse, Nüsse, Proteine und Ballaststoffe wirken sich positiv aus, Zucker, Salz, gesättigte Fettsäuren und ein hoher Energiegehalt werden negativ gewertet. Wie der Algorithmus aber genau funktioniert und wo Ausnahmeregeln greifen, machte Neininger in ihrem anschaulichen Vortrag deutlich.

Aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachtete Christian Ballke von der Kanzlei Meisterernst Rechtsanwälte das Thema: Wie funktioniert der Nutri-Score rechtlich? Juristisch gesehen ist der Nutri-Score eine Unionskollektivmarke. Anders als die üblichen Marken oder Warenzeichen dient sie nicht dazu, sich von der Konkurrenz abzusetzen, „sondern sie soll einen bestimmten Standard etablieren“, so der Experte für Markenrecht. So soll sichergestellt werden, dass der Nutri Score den Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber nach einheitlichen Kriterien angewendet wird. Aber welche Handhabe gibt es, wenn der Nutri-Score falsch berechnet wurde? Und wie lässt sich durchsetzen, dass ein Unternehmen tatsächlich alle Produkte seiner Marke mit dem Nutri-Score kennzeichnet, wie durch den Markeninhaber Santé publique France gefordert – und nicht nur diejenigen, bei denen die Auswertung vorteilhaft ausfällt? Hier offenbarte der Vortrag auch Schwächen des internationalen Konstrukts. Um diesen Schwächen zu begegnen ist geplant, den Nutri-Score zukünftig auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. „So oder so – der Nutri-Score wird uns auf jeden Fall noch eine Weile lang beschäftigen“, sagte Ballke.

Bereits eingehend hat sich die REWE Group – Südwest mit dem Thema beschäftigt: Sie setzt seit Beginn des Jahres den Nutri-Score bei ihren Eigenmarken ein. Nach und nach findet die Kennzeichnung den Weg in die Regale, selbst wenn es im Einzelfall kein Bilderbuchergebnis gibt, wie Sabine Stachorski berichtete: „Das ist schon ein Wort, wenn das eigene Produkt als einziges im Süßwarenregal mit dem roten E gekennzeichnet ist“, so die Pressesprecherin. „Die anderen verdienen es ebenso, haben es aber nicht – weil sie den Nutri-Score gar nicht erst einsetzen.“

Noch ist die Verwendung des Nutri-Scores nämlich freiwillig. Trotzdem ist Einkaufsleiter Tobias Epp sicher, dass die Kennzeichnung den Markt nachhaltig beeinflussen kann. Daher hat die REWE Group – Südwest auch bereits 106 Markenlieferanten aufgefordert, sich am Ausweis des Nutri-Scores zu beteiligen. Epp hofft auf Veränderung durch Konkurrenzdruck: „Wenn zwei Schokoladen im Regal liegen und eine hat ein E, denkt der Kunde vermutlich, die haben ohnehin beide ein E. Spannend wird es dann, wenn das System sich durchsetzt und eine Schokolade mit E, die andere aber mit D gekennzeichnet ist. Dann werden eine Konkurrenz und eine Dynamik in Gang gesetzt.“ Auch die REWE Group will sich hier noch besser positionieren: Bisher sind 43 Prozent der Eigenmarken im „grünen Bereich“, also mit A oder B bewertet. „Unser Ziel ist es, mit einfachen Anpassungen, die man kalkulieren kann, auf Grün zu kommen“, sagt Epp. „Wir haben einen Wettbewerb losgetreten und sind noch lange nicht am Ende.“

Eine uneingeschränkt gute Bewertung jedenfalls konnte das Forum verbuchen: Bei der Blitzumfrage im Anschluss gaben satte 100 Prozent der Befragten an, die Veranstaltung habe ihre Erwartungen gut erfüllt oder sogar übertroffen, insbesondere wurden der Praxisbezug und die Beleuchtung des Themas aus unterschiedlichen Sichtweisen gelobt. „Damit haben wir die Latte für das nächste Forum ziemlich hoch gelegt“, freut sich food.net:z-Geschäftsführerin Isabel Bergerhausen. Das nächste Forum soll am 30.09. stattfinden, dann zum Thema „Innovative Verwertung von Reststoffen in der Lebensmittelbranche“.

Quelle: www.foodnetz.de